Prioritäten und Leerlauf

Rotationen im klassischen Sinne, bei welcher eine feste Reihenfolge der Skills repetitiv durchzugehen war, gehören in WoW schon seit einiger Zeit der Vergangenheit an. Inzwischen, durch etwas komplexere Klassenmechaniken, geben bedingte Prioritäten die optimale Spielweise vor. Sprich es gibt für die DD-Klassen in der Regel eine Liste von Skills, welche es abzuarbeiten gilt. Nach jedem Cast beginnt man dabei wieder von oben zu schauen, was man danach am besten tut. Auf der Prioritätenliste können zusätzlich Bedingungen gegeben sein, die erfüllt sein müssen, damit man einen Skill auswählt. Die offensichtlichste Einschränkung dabei ist der Cooldown (CD): Wenn zum Beispiel Chimera-Shot auf CD ist, kann man diesen logischerweise nicht als nächstes verwenden. Etwas weniger offensichtlich sind Bedingungen, welche die Gegebenheiten modifizieren. Zum Beispiel ein Thrill of the Hunt-Proc kann einen Einfluss darauf haben, ob man einen Aimed Shot casten sollte oder nicht. Simulationen kommen mit solchen Bedingungen sehr gut klar, denn sie verlieren keine Zeit durch Entscheidungsfindung, auch wenn die Liste noch so lange ist – zumindest keine simulierte in-Game-Zeit. Durch die Komplexität von WoW kann es aber problemlos sein, dass man über 20 verschiedene Optionen in Betracht ziehen muss. Für sehr gute Spieler ist das kein Problem. Jedoch brauch dies Übung und Anpassungsfähigkeit, denn welche Klasse spielt sich schon ein ganzes Addon gleich?

Wie geht man dieses Problem nun richtig an?

Ich kann keine absolute Antwort geben, aber ich versuche jeweils folgendes zu tun:

  • Mechaniken und Zusammenhänge verstehen: Hier sind wir wieder beim Meta-Gaming. Früher, in Classic und BC war es kein Problem sich die Skills durchzulesen, etwas Ahnung von den Grundlagen zu haben und sich damit selber auszurechnen was wohl am besten funktioniert für maximalen Schaden. Zumindest wenn man etwas Ahnung von Mathematik hatte, wobei man mit einigen Vereinfachungen auch relativ weit kam. Die Mechaniken, besonders durch die vielen Procs und Werte, sind inzwischen sehr viel schwerer abzuschätzen. Heute nutzt man die Tatsache, dass es im Internet immer mindestens einen Menschen gibt, der intelligenter ist als man selbst und liest einfach dessen Guide. Danach sucht man sich noch zehn andere Guides und vergleicht. Schlussendlich überlegt man sich was am meisten Sinn ergibt und stellt sich aufgrund dessen seine beste Spielweise zusammen. Diese muss auch nicht immer gleich sein für jeden Boss. Abhängig von der Anzahl Ziele, Burn-Phasen, etc. kann dies variieren. In der Theorie wird man doch sehr gut fahren, wenn man sich an die Prioritäten hält, welche bei Simcraft konfiguriert sind.
  • Vereinfachung: Wer bereits mal mit Simcraft gespielt hat kann aufgefallen sein, dass weglassen von Fähigkeiten teilweise nur geringen Einfluss auf die theoretische DPS haben können. Focus Fire beim Beast Master war beispielsweise ein Skill, der zeitweise <1% Damageunterschied gemacht hat zwischen optimalem Einsatz und wenn man ihn ganz wegliess. Dabei war das perfekte Timing noch an Bestial Wrath und Pet-Fokus gebunden. Dadurch und die Ablenkung war es fast ein Nullsummenspiel diesen Skill zu benutzen oder nicht. Ich empfehle nicht grundsätzlich auf solche Details zu verzichten. Jedoch kann es hilfreich sein, wenn man sich an eine neue Prio gewöhnt, vorerst gewisse Abstriche zu machen, damit man sich aufs wesentliche konzentrieren kann.
  • Optische/akustische Reize schaffen: Es gibt Skills, die kommen nur selten oder zu bestimmten Gegebenheiten zum Einsatz. Zum Beispiel Kill Shot. Dieser hat eine sehr hohe Priorität, jedoch ist er meistens nicht verfügbar, da er von der HP des Ziels abhängig ist. Noch extremer ist es bei Fähigkeiten, die zwar benutzbar wären, jedoch nicht benutzt werden sollten ohne bestimmte Gegebenheiten. Damit man nicht verpasst, wenn die gewünsche Gegebenheit eintrifft, empfiehlt es sich eine Hilfestellung einzurichten, welche als Erinnerung dient. Ich habe zum Beispiel für Kill Shot einen Weak Aura-String, der mir ein grosses, rotes Icon links oben im Interface anzeigt, sobald ich ihn benutzen kann. So passiert es mir gar nicht bis selten, dass ich unnötigerweise einen Steady Shot einem Kill Shot vorziehe. Man kann solche Erinnerungen optisch oder akustisch einrichten. Jedoch verwende ich selten Audiosignale, da diese meist von Bossmods und GTFO verwendet werden. Diese will ich nicht überlagern, da sie meist wichtig sind. Zudem würde mich das dauernde Gehupe ausserhalb von Raids extrem nerven.
  • Musclememory: Mit etwas Routine kann man sich so konditionieren, dass man automatisch richtig auf die im vorigen Punkt beschriebenen Signale reagiert (…so dass man das Gefühl hat, die Hand macht das bevor man drüber nachgedacht hat). Dies reicht auch schon, wenn das Kill Shot Icon (in meinem Falle) peripher, also nicht im Blick-Fokus, wahrgenommen werden kann. Natürlich sollte man durch solchen Input nicht komplett reizüberflutet werden, sonst nützt es wenig. Damit dies funktioniert, habe ich möglichst keinen grossen Unterschied in der Spielweise innerhalb und ausserhalb des Raids. Ich versuche entsprechend auch immer alle Casts von Outdoor-PvE-Mobs zu kicken, selbst wenn dies nicht wirklich nötig wäre. So wird dies zur Selbstverständlichkeit.
  • Routine: Üben üben üben, ist das A und O bei Rotationen. Bis man es im Schlaf kann. Training Dummys sind zwar auch nicht mein Ding, aber es kann ja auch nicht schaden mal eine LFR- oder (N)HC-Instanz zu spielen, auch wenn man da nichts mehr braucht. Das kann so weit gehen, dass gewisse Standardabläufe ebenfalls ins Musclememory übergehen. Dies merkt man dann, wenn man sein Verhalten ändern muss. Zum Beispiel wenn man lange mit Steady Focus gespielt hat (Immer zweimal hintereinander SteadyShot verwenden für einen Buff) und dann zu Focus Shot wechselt, bei welchem das doppelte Casten dann sicher zum Focus-Cap führt und man es sich wieder abgewöhnen muss.

Woran sieht man, ob man das alles richtig beherrscht?

Ich benutze Logs. Diese lassen sich leider nicht in ganz allen Aspekten immer so einfach auslesen, aber es gibt ein paar einfache Dinge, die man schnell erkennen kann. Zum Beispiel ist der Chimera-Shot beim MM-Hunter zurzeit sehr weit oben in der Liste der Skills, die auf dem GCD sind. Entsprechend gibt es nicht viele Gründe etwas anderes zu tun, als diesen zu benutzen wenn er bereit ist. Wenn ich mir nun mein Log von einem Kampf anschaue, finde ich schnell heraus wie oft ich diesen benutzt habe. Ich sehe im Log auch wie lange der Bosskampf gedauert hat. Chimera-Shot hat 9 Sekunden CD. Entsprechend wäre die optimale Anzahl an benutzten Chimera-Shots etwa Kampfdauer / 9s. Wenn ich da nun deutlich drunter liege, kann dies verschiedene Gründe haben:

  • Ich konnte ihn nicht nutzen, weil ich zu wenig Fokus hatte und musste diesen erst wieder aufbauen – dann habe ich schlecht geplant. Denn man sollte entsprechend der Priolist immer schauen, dass man nicht aus Ressourcen-Gründen einen Skill mit hoher Priorität nicht nutzen kann.
  • Ich habe nicht darauf geachtet, dass der CD abläuft. Dann sollte ich vielleicht schauen, dass ich besser sehe oder ein genaueres Gefühl dafür kriege, wann er wieder bereit ist.
  • Vielleicht war ich ausser Reichweite von allen Gegnern. Da kann ich mir überlegen, ob ich mein Movement optimieren sollte. Manchmal ist das nicht zu vermeiden (Kromrog: Runen). Wenn man aber bei Velhari ausser Range kommt, hat man definitiv etwas falsch gemacht.

In die gleiche Kategorie wie zum Beispiel der Chimera-Shot gehen meist Damage-Cooldowns. Diese sollten natürlich für Burn-Phasen reserviert werden, jedoch ansonsten wenn immer möglich gebraucht werden. Im Moment je nachdem natürlich abhängig vom Legendary-Ring.

Bei anderen Skills, wie zum Beispiel dem Aimed Shot, wo es etwas schwieriger ist die optimale Verwendung abzuschätzen, weil er primär abhängig vom verfügbaren Fokus ist und auch von Thrill of the Hunt Procs, braucht es andere Ansätze. Hier würde ich versuchen, vor allem mit anderen meiner Klassem mich  in gleich langen Kämpfen zu vergleichen. Können sie diesen im Schnitt viel öfter benutzen? Wenn ja, warum? Haben Sie mehr Fokus?

Dies führt mich zum letzten Punkt: Leerlauf. Es gibt eigentlich nur ganz selten Fälle, in denen man nichts Casten sollte (das kann bei nicht-Jägern anders sein). Entsprechend muss man für optimalen Schaden Skill an Skill aneinanderreihen, ohne Zeit zu verlieren. Ein paar Millisekunden können zwar auch beim Hämmern der Tasten verloren gehen, jedoch ist dies nicht so signifikant. Viel mehr merkt man Downtimes durch spielerische Mängel. Nehmen wir als Beispiel nochmal den Chimera-Shot, welcher eigentlich bereit sein wird als nächste Aktion. Man hat aber vielleicht durch den letzten Cast (möglicherweise durch Aimed-Shot) zu viel Fokus verbraucht, so dass der Chimera-Shot garnicht benutzt werden kann. Falls man dies zu spät realisiert, geht beim Wechsel auf Steady-Shot (welcher vermutlich dann die naheliegende Wahl ist) möglicherweise Zeit verloren. Diese Downtime kostet DPS. Besonders betroffen sind davon Spieler, welche ihre Spells mit der Maus anklicken, da der Zeiger dann zuerst noch auf das andere Icon bewegt werden muss. Entsprechend empfehle ich alle Aktionen auf (Maus-)Tasten zu binden. Dies ermöglicht schnellen Wechsel, falls man auf geänderte Gegebenheiten reagieren muss. Zudem ermöglicht dies auch weiterhin Schaden zu machen, wenn man sich bewegen muss (abgesehen von Zaubern, welche man im Stehen casten muss). Der grösste DPS-Verlust ist meiner Meinung nach am Häufigsten bei Bewegung und Target-Wechsel vorzufinden. Sehr gute Spieler (zumindest Jäger) verlieren dabei kaum DPS.

Simulationen

In den Anfängen von WoW haben viele Klassen mit Rotationen gespielt. Sprich es gab eine feste Abfolge, in welcher die Fähigkeiten benutzt wurden. Im Spiel gab es sehr wenig Dynamik was die Ausführung anging. Das war eine sehr gute Grundlage für mathematische Modelle, zur Berechnung des Werts eines Gegenstandes. Diese haben zwei tolle Eigenschaften: Erstens ist die Berechnung sehr schnell und zweitens erhält man dadurch eine Zahl, die bei wiederholter Ausführung gleich bleibt.
Mit der Weiterentwicklung von WoW wurden Rotationen dynamischer und inzwischen sind diese überhaupt nicht mehr fix. Man verwendet deshalb primär Prioritäten, welche abhängig von bestimmten Bedingungen, von oben nach unten abgearbeitet werden. Dies macht mathematische Modelle sehr viel schwieriger zu erstellen. Synergien sind schwer abzubilden und Zufallsfaktoren müssen gemittelt werden. Deshalb hat man sich grösstenteils einem neuen Ansatz zugewandt, der diesen Eigenschaften besser gerecht wird, den Simulationen.
Wie der Name schon sagt, werden bei den Simulationen virtuelle Kämpfe simuliert. Man kann sich das so vorstellen, als hätte man in einem solchen Simulations-Programm einen konfigurierten Bot, welcher die eingegebenen Aktionen ausführt. Das Programm zeichnet auf was genau passiert und rechnet dann unter anderem aus, wieviel DPS der Charakter in der Simulation gemacht hat. Alles was auch in einem richtigen Kampf zufällig geschieht, kann per Zufallszahlengenerator (RNG –Random Number Generator) ebenfalls zufällig simuliert werden.
Nun kann es passieren, dass ein Charakter wegen RNG extremes Glück oder Pech hat, gemeinhin bekannt als Crit-Pech – was in einem normalen Raid jeder IMMER hat! Für eine sogenannte Normalisierung dieses Problems, wird nicht nur ein Kampf simuliert, sondern tausende, zehntausende oder sogar hunderttausende. Das ergibt dann eine Verteilung von guten und schlechten Versuchen was den Glücksfaktor angeht. Verwendet wird, dann normalerweise die Zahl im Mittel, um das Potential zu quantifizieren. Je öfter man eine Simulation laufen lässt, umso genauer werden die Zahlen.

Wertigkeiten
Bei der Simulation kann man nun die Attribute des Charakters um einen geringen Betrag (zum Beispiel 100) modifizieren und die ganze Simulation nochmals durchführen. Der Unterschied der Resultate gibt dann an wieviel mehr/weniger DPS die Veränderung gebracht hat. Dies lässt sich dann auf einen einzelnen Punkt des Attributs runterbrechen. Damit man auch hier möglichst genaue Werte erhält, muss dies natürlich auch sehr oft durchgeführt werden, was entsprechend viel Zeit (abhängig von der Klasse in der Regel ein paar Minuten) in Anspruch nehmen kann.